11. Mai 2025 Tag 13 Westward Ho! – Stroxworthy Farm
Zunächst geht es entlang Westward Ho!s seaside an zahlreichen bunten Badehäuschen vorbei und dann aus dem Ort hinaus. Erstmal verläuft der Pfad ohne große Steigungen wieder links vom Meer, später geht es aufwärts zu grünen Wiesen auf der Höhe der Cliffs. Und da oben dann wieder auf und ab.
Und dann ist er plötzlich da, der Regen! Klar, es waren ein paar Wolken am Himmel gewesen, sogar bedeckt könnte man sagen, garnicht unwillkommen, mal keine Sonne. Aber jetzt fängt es ohne große Vorankündigung an zu gießen. Hastig wird der Rucksack abgesetzt, um den Poncho herauszukramen. Der ist so geschnitten, dass er Mann und Rucksack bedecken und vor Regen schützen soll. Dieses leicht unförmige Textil bedarf allerdings einer speziellen Überwurftechnik so man alleine unterwegs ist. Diese Technik habe ich in der Vergangenheit beherrscht, allerdings vor dieser Reise nicht noch einmal aufgefrischt. Entsprechend unbeholfen stelle ich mich an und bin bereits zur Hälfte durchnässt, bevor ein vorbeikommender Jogger mit einem freundlichen Handgriff den Regenschutz auch über den Rucksack zieht.
Es handelt sich allerdings nur um einen kurzen Schauer und schon bald pelle ich mich wieder aus diesem zeltartigen, schweißtreibenden Überwurf heraus.
Das knallrote Teil wird zusammengerollt und zu meinem Zelt unter den Rucksack geschnallt. Ob das hält?
Weiter geht’s, der Pfad wird ziemlich schmal und ist auf beiden Seiten dicht bewachsen, Schwarz- und Weißdorn, Brombeeren und Brennessel wuchern wild durcheinander.
Dann passiert es: Auf einer dreistufigen Treppe trifft mein Wanderstab, gerade auf der rechten Seite im Einsatz, neben der Treppe plötzlich ins Leere und Mann, Rucksack und Stab schmieren ab in die stachelige und brennende Flora.
Die – Glück im Unglück – an dieser Stelle ziemlich dicht steht und einen weiteren Absturz verhindert. Nachteil: Der käfer-like halb auf dem Rücken gelandete Wanderer kann sich und den tonnenschweren Buckel nur mit großer Mühe wieder aus der stacheligen Umgebung befreien und zurück auf den Pfad hieven. Von großflächigen Brennesselquaddeln und zahlreichen Striemen und blutigen Kratzern nicht zu reden. Aber letzten Endes ist außer dem Schrecken kein größerer Schaden entstanden und nun stellt sich auch heraus: Die Befestigung des Ponchos hat nicht gehalten, das Teil hat sich irgendwo auf dem Weg verabschiedet. Nachdem ein versuchsweises Zurückgehen um 20 Meter nichts erbringt, verabschiedet sich dann der Wanderer von diesem ohnehin eher unhandlichen/unbrauchbaren Teil. Ein weiteres Zurückgehen auf diesem dschungelähnlich überwucherten, mühsam zu gehenden Pfad kommt nicht in Frage. Nach einer Erste-Hilfe-Versorgung der Blessuren wird also der Rucksack wieder aufgeschnallt und der Weg fortgesetzt.
Ein Blick auf die Uhr und den aktuellen Kilometerstand (und die noch anstehenden Steigungen) legt den Schluss nahe, dass ich es heute nicht mehr bis nach Clovelly schaffe. Sechs Kilometer davor liegt der Weiler Bucks Mills. Dort müsste ich einen Platz zum Campen auftun, der Pfad bis dorthin führt ausschließlich durch ungeeignetes Waldgebiet.
In der Tat folgen noch einige kräftige up‘s and down‘s. Die up‘s bescheren einem regelmäßig atemberaubende Aussichten und jagenden Puls, die down‘s schmerzende Knie und die Hoffnung auf einen flachen Abschnitt 😉 .
So arbeite ich mich also Stück für Stück voran und sehe irgendwann das Weiß der ersten Häuser von Bucks Mill durch die Bäume schimmern. Als ich dann endgültig dorthin absteige wird klar, das es tatsächlich nur eine Handvoll von Gebäuden ist, zusammengedrängt in einem engen Tal. Alle halbwegs ebenen Flächen scheinen in privatem Gebrauch, no way to wildcamp.
Aber hilft ja nix. Zwei Ladies kommen die schmale Straße runterspaziert. Die quatsche ich an und frage, ob sie eine Idee für einen Platz zum campen hätten. Haben sie leider nicht. Aus der anderen Richtung kommt ein Paar. Gleiches Vorgehen, gleicher Text. Aber die beiden sind nur hier zum Spazieren. „Sorry“ Sie kommen von einem Campingplatz 5 Meilen entfernt. Ob ich einen lift wolle? Natürlich will ich einen lift, bevor ich hier im Stehen an einen Baum gelehnt schlafe! Also packen die beiden mich in ihren Van und nehmen mich mit.
Schwein gehabt, das war knapp. Auf der Fahrt entspinnt sich eine nette Unterhaltung: Woher, wohin etc. pp. Wir landen dann auf einer kleinen Farmcampsite im Landesinneren, wo ich zum guten Ende dieses nicht unanstrengenden Tages meine Hütte aufbauen und eine ruhige Nacht verbringen kann – nicht ohne mich bei meinen „Wohltätern“ angemessen bedankt zu haben.
In der Nacht weckt mich dann ein Geräusch – Regentropfen auf der äußeren Zeltplane! Oups – sollte meine Wetterglückssträhne etwa reißen? Bei Regen – das steht man fest – wird abgewettert, ich werde diesen Pfad nicht entlangschwimmen!
Die Vorstellung einer evtl. wetterbedingten Unterbrechung schreckt mich allerdings nicht besonders, habe ich mir doch bereits während der letzten Tage Gedanken über den bisherigen Verlauf meiner Wanderung gemacht. Der war, dies wird niemandem entgangen sein, deutlich, deutlich langsamer als im Vorfeld geplant und gewünscht. Das ständige, häufig steile Auf und Ab, gerne auch über viele Treppenstufen – immer wieder mal arbeitssparend in einer Höhe von bis zu 50 cm ausgeführt – artet in Verbindung mit einem (zu) schweren Rucksack in elende Schinderei aus und begrenzt das Vorankommen auf das sprichwörtliche Schneckentempo. Auf diese Weise würde der Ruheständler zum Abwandern des gesamten SWCP ca. drei Monate benötigen, wenn er nicht vorher zusammenbräche oder sich von einer Klippe stürzte. Keine dieser Optionen erscheint bei Lichte besehen ersprießlich und so ist der Plan gereift, das Projekt umzubenennen: Anstatt „Den Salzpfad wandern“ wird es künfig heißen „Auf dem Salzpfad wandern“. Solcherart wird die Unternehmung gewissermaßen vom Kopf auf die Füße gestellt: Nicht mehr eine de facto unrealistische Vorgabe definiert das Geschehen, sondern die tatsächlichen Möglichkeiten (und Wünsche) des Wanderers bestimmen den weiteren Weg und dessen Ende.
Deshalb also führt der Gedanke eines zusätzlichen, wetterbedingten Ruhetages nicht zu Aufregung. Den Tag brauchts aber dann garnicht. Morgens hat der Regen aufgehört und das Zelt ist kaum noch naß, so dass einer Fortsetzung der Wanderung nichts im Wege steht. Trotzdem wird der Ruheständler im Rahmen des abendlichen Bilderreiseberichts über den o.g. Kurswechsel informieren.











