14. Mai 2025 Tag 16 Ruhetag
So richtig ausschlafen geht mittlerweile garnicht mehr – früh ins Bett und früh wieder wach ist zum Rhythmus geworden – aber noch ein bisschen faul im Schlafsack liegen und seinen Gedanken nachhängen hat auch was.
Dann gibt’s in Ruhe einen ersten Kaffee und Frühstück, bevor es nach der Morgentoilette an die Wäschepflege gehen soll. Der Wanderer hat am Vortag schon wuchtig-vertrauenerweckende Wasch- und Trockengeräte ausgemacht. An diese wird nun nahezu der gesamte mitgeführte Bekleidungsbestand verfüttert, übrig bleiben zur mindestschicklichen Bedeckung des Ruheständlers lediglich Shorts, T-Shirt und die Regenjacke. Mangels einer irgendwie gearteten Öffentlichkeit macht das aber nix und die Schafe nebenan interessiert es ganz offensichtlich auch nicht.
Dann ist der Hausmann-Teil erledigt und in tip-top sauberen Klamotten geht es Richtung Hartland. Das Wetter ist nach wie vor ebenso unverdrossen wie unglaublich – und unenglisch – strahlend schön; der Gang ins nahe Städtchen gerät zum Spaziergang. Dort gibt es ein überdurchschnittlich breites Angebot an Einkaufsmöglichkeiten, nämlich ganze zwei Läden stehen zur Auswahl! Zunächst ein klassischer Tante-Emma-Laden, wie sie bei uns ja so gut wie verschwunden sind, aber hier nach wie vor blühen und dann das Post Office, welches ein weiterer Tante-Emma-Laden mit Post-Ecke ist. Ich schaue mir beide in Ruhe an und kaufe dann auch in beiden. Wobei dies eher einem Gefühl von Fairness entspringt als echtem Preisbewußtsein.
Eine der erworbenen Pasteten verspeise ich dann auf einer Bank vor der Kirche. Das Kriegerdenkmal nebenan steht in vollem Ornat von Mohnblumenblüten und auch das Gemeindehaus gegenüber ist noch geschmückt mit Union Jacks und St.-Georgs-Fahnen. Am 8. Mai war 80. VE-Day (Victory in Europe) und das hat hier immer noch eine ziemliche Bedeutung.
Weitere Sehenswürdigkeiten hat Hartland nicht zu bieten – die beiden Pubs öffnen erst am späten Nachmittag – und so mache ich mich auf den Weg zurück zur Farm.
Nachdem ich die entsprechenden Teile meines Einkaufs der Kühlung anvertraut habe will ich mir die örtliche St.-Nectans-Kirche anschauen, die recht imposant in den Himmel ragt. Kein Wunder – wie ich dann erfahre, handelt es sich bei deren Kirchturm doch um den höchsten in ganz Devon. Erstaunlich aber bleibt die Größe dieses Gotteshauses – auch als „Kathedrale von Nord-Devon“ bezeichnet – für solch kleine Gemeinden wie Hartland und Stoke Barton.
Der Namenspatron war wohl ein örtlicher Eremit im 5. Jahrhundert. Als er die Diebe seiner zwei Kühe zum christlichen Glauben bekehren wollte, schlug ihm einer der beiden ohne viel Federlesens den Kopf ab. Der Eremit soll dann den Kopf aufgehoben und auf einem großen Stein vor seiner Hütte abgelegt haben. Damit hatte er praktischerweise das nötige Wunder für seine Heiligsprechung bereits erledigt.
Das Abendbrot nehme ich wieder im Gemeinschaftsraum ein, Sitzgelegenheiten sind für Backpacker ein rarer Luxus. Dann lässt sich tatsächlich ein anderes menschliches Wesen blicken, ein alter Engländer. Wir kommen ins Gespäch, offensichlich stammt er ursprünglich aus der Gegend und hat in früheren Zeiten mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau auf diesem Campingplatz öfter Urlaub gemacht. Nun schaut er einmal im Jahr für wenige Tage hier vorbei, quasi im Gedenken an seine Ehefrau. Darüber hinaus ist er offenbar vielseitig interessiert und weitgereist, er hat einen spöttisch-humorvollen Blick auf seine Landsleute und Großbritannien. Es wird eine interessante Unterhaltung und ich bleibe länger als ursprünglich geplant, steht doch morgen Teil 1 der gefürchteten Etappe Nr. 9 des SWCP an. Dann stolpere ich im Dunklen zu meinem Nachtlager – Zähneputzen fällt heute mal aus – und krieche in meinen Schlafsack (der sich im übrigen längst als reiner Hüttenschlafsack erwiesen hat, viel zu dünn für die z.T. noch frischen Nächte, so daß ich in Klamotten schlafen muss und teilweise trotzdem fröstele).










