30. April 2025 Tag 2 Porlock Weir – Waldcamp

Bin schon früh auf den Beinen und nach dem morgendlichen Kaffee wird zusammengepackt. Das ist immer noch neu und umständlich und dauert, so komme ich trotzdem spät los. Vermutlich werde ich die in Paddy Dillons Guidebook veranschlagte heutige Tour nicht zuendebringen können, da steht wohl mangels Alternativen das erste wild campen an. (Spätestens bei einem Tourenvorschlag von 37,4 km (von Braunton nach Westward Ho!) werde ich den guten Paddy übrigens für geistesgestört erklären und seine Empfehlungen ignorieren.) Nun gut, frohgemut stiefele ich los. Zuerst zurück zum Pfad nach Porlock Weir und dann immer der Eichel nach, sie ist das Symbol des SWCP.

Zuerst verläuft der Pfad noch durch offenes Land, doch bald verschwindet er im Wald. Und er bleibt im Wald und er bleibt im Wald. Vorbei an pittoresken kleinen Wasserfällen, über steile Ausweichsteige, wenn Erdrutsche den ursprünglichen Pfad weggerissen haben. Das kommt gar nicht so selten vor.

Hier begegnen mir erstmals Julie und Ian, wie sie sich später vorstellen werden. Sie haben eine merkwürdige Technik, den Pfad zu wandern: Mit dem Auto fahren Sie zu den Etappenzielen und wandern von dort jeweils die halbe Strecke in jede Richtung und zurück. Auf diese Weise begegnen wir uns dann häufiger. Die beiden sind sehr freundlich und weisen mich darauf hin, dass sie bisher nur durch „woodland“ gekommen sind.

Später auf dem Weg komme ich an Culbone Church vorbei, altehrwürdig und laut Information die kleinste Pfarrkirche Englands. Sie liegt völlig verwunschen inmitten des Waldes und passt eher in Artus-Geschichten als in die Gegenwart.

Eigentlich habe ich gar nichts gegen das Wandern im Wald. Es ist ja ein ziemlich warmer Tag und der Schatten durchaus willkommen. Aber je weiter die Zeit fortschreitet, umso dringender wird die Frage nach einem passenden Platz zum wild campen. Und der lässt sich einfach nicht finden. Bäume, Bäume, nochmal Bäume oder dichtes Buschwerk oder steiles Gelände!

Schließlich gelange ich an ein seltsames Bauwerk: Es ist ein klassisches, steinernes Torhaus für Landsitze, durch das der Pfad verläuft und das hier völlig für sich alleine ohne erkennbaren Bezug in der Gegend steht. Es ist bei Leibe kein erbaulicher Gedanke, hier direkt neben dem Pfad, quasi auf dem Präsentierteller, das Zelt aufzuschlagen. Aber vor und neben diesem Torhaus ist der einzig ausreichend freie Platz, um mein Zelt aufzubauen, den ich bisher gesehen habe. Und weitergehen ist keine Option. Ich bin durch und ein Ende des Waldes ist nicht absehbar. Also beginnen meine wild-campen-Aktivitäten mit einem zähneknirschenden Kompromiss. Der Boden ist hart und steinig, die Heringe lassen sich kaum hinreichend versenken, einige Abspannschnüre muss ich an großen Steinen befestigen.

Nachdem tagsüber ohnehin wenig Leute auf dem Pfad unterwegs waren, kommt jetzt um 19:30 Uhr keiner mehr vorbei und stört meine unruhige erste Nacht. Wider Erwarten schlafe ich aber gut, bin früh auf den Beinen und mache mich nach einem Kaffee auf zum  Etappenziel.

–> 1. Mai